SEROX - ein Tonerderohstoff
aus der Aufarbeitung von Aluminium-Salzschlacke
R. Feige, alumina.de - Industrieberatung, Schwelm
G. Merker, ALSA Aluminium-Salzschlacke Aufbereitungs
GmbH, Lünen
Zusammenfassung
SEROX ist ein vom Reststoff zum preisgünstigen, hochtonerdehaltigen Rohstoff mit gesicherter Verfügbarkeit gewandeltes Produkt. In Verbindung mit dem zunehmenden Recycling von Aluminium und der Aufarbeitung von Aluminiumsalzschlacke werden derzeit jährlich schon fast 150.000 Tonnen SEROX gewonnen und vollständig als Produkt verwertet, hauptsächlich als Tonerderohstoff bei der Herstellung von Zementklinker und Mineralwolle. Weitere Einsatzgebiete sind in der Entwicklung, wie z.B. kalziniertes Pulver (für feuerfeste Keramik-Produkte und Mineralschaum-Dämmstoffe) sowie gesintertes Calciumaluminat (als Schlackenbildner für Stahl oder als Bindemittel).
SEROX is a non-conventional high alumina
bearing raw material deriving from the processing of Aluminium salt slags.
Originally having been a waste material SEROX has been developed to a valuable
product of ready availability. At present nearly 150,000 tons per year
of SEROX are produced and completely used for making cement clinker and
mineral wool. But, there are other promissing fields for utilizing calcined
SEROX grades as refractory raw material, light building mineral foam, calcium
aluminate type binder or synthetic steel slag fluxing agent.
1. Einleitung
Für die natürlichen, hochtonerdehaltigen Rohstoffe
Die Aufarbeitung von Salzschlacke zur
Rückgewinnung von Aluminiummetall und Schmelzsalz wird in Deutschland
seit 1985 durchgeführt. SEROX, der hochtonerdehaltige Rest dieser
Aufarbeitung, hat sich mittlerweile seit mehreren Jahren als Tonerde-Träger
(Bauxit-Ersatz) bei der Herstellung von Portlandzementklinker und Mineralwolle
bewährt und wird auf dieser Grundlage inzwischen zu 100 % verwertet.
An weiteren Einsatzmöglichkeiten wird derzeit gearbeitet. Dazu ist
es erforderlich, SEROX in seinen Produkteigenschaften für die verschiedenen
Anwendungen anzupassen und zu optimieren. Über die Entwicklung von
Produktvarianten und über weitere Perspektiven in Bezug auf die Einsatzmöglichkeiten
von SEROX wird im Rahmen dieses Beitrages berichtet. Einleitend werden
zunächst einige Erläuterungen zur Entstehung von Salzschlacke
und zur Gewinnung von SEROX gegeben.
2. Aufarbeitung von Aluminium-Salzschlacke
Aluminiummetall wird primär durch Schmelzelektrolyse von Aluminiumoxid erzeugt. Der Prozess der primären Metallerzeugung hat einen hohen Bedarf an Rohstoffen und elektrischer Energie und ist mit einer erheblichen Deponie von Reststoff und einer hohen CO2-Emission verbunden. Je Tonne Primäraluminium werden etwa 4 Tonnen Bauxit benötigt, aus denen etwa 2 Tonnen Aluminiumoxid erzeugt werden. Dabei wird der Bauxit nasschemisch aufgeschlossen. Der unlösliche Rückstand (Rotschlamm) kann nicht nutzbringend verwertet werden und muß daher zur Deponie gehen. Das gelöste Aluminiumhydroxid wird ausgefällt, abfiltriert und zu Oxid kalziniert. Bei der anschließenden elektrolytischen Gewinnung von Primäraluminium aus Aluminiumoxid werden pro Tonne Metall durchschnittlich etwa 14.900 Kilowattstunden (KWh) benötigt und 1,5 Tonnen Kohlendioxid emittiert. [1]
Auch durch Recycling von Aluminiumschrotten wird wieder hochwertiges Aluminium herstellt, das "Sekundäraluminium". Im Vergleich zur Primärherstellung ist der Energie-einsatz für das Recycling bis zu 95 % niedriger. Aluminiumschrotte sind die einzigen in Deutschland unmittelbar verfügbaren Rohstoffe zur Aluminiumgewinnung. In Deutschland werden jährlich etwa 2 Millionen Tonnen Aluminium verbraucht. Davon werden etwa 600.000 Tonnen primär und etwa 500.000 Tonnen sekundär erzeugt. [2-4]
Aluminium hat eine hohe Affinität zum Sauerstoff. Aluminium kann daher verhältnismäßig leicht wieder in Aluminiumoxid zurückverwandelt werden gemäß:
4Al + 3O2 ---> 2Al2O3.
Dieser Vorgang setzt bereits bei Raumtemperatur ein, wobei sich schon eine frisch bearbeitete Aluminiumoberfläche im Kontakt mit Luft-Sauerstoff mit einer dünnen Oxidhaut überzieht. Beim Schmelzen und Gießen von Aluminium an Luft bei Temperaturen von etwa 800°C ist die Metalloxidation sehr viel stärker. Die dann entstehende "Krätze" (ein Gemisch von feinkörnigen Oxidpartikeln und Metall) kann die Oberfläche der Schmelze cm-dick bedecken. In einer Veröffentlichung von I. Alfaro [5] werden die Vorgänge bei der Krätzebildung beschrieben. Die Größenordnung der Oxidpartikel wird mit etwa 0,3 mm angegeben. Der Metallgehalt von Krätzen kann im Bereich zwischen 20 bis 78 % liegen.
Zur Rückgewinnung von Aluminium werden Schrotte und Krätzen in Drehtrommelöfen unter einer Abdeckung aus Salz eingeschmolzen, um die Oxidation des Metalls möglichst gering zu halten. Das "Schmelzsalz" - eine Mischung aus z.B. etwa 70 % NaCl, 28 % KCl und 2 % CaF2 - bindet die Oxide zu einer Salzschlacke mit einem reduzierten Restanteil von etwa 10 % Aluminium-Metall. Der Salzschlackenanfall pro Tonne produzierten Sekundäraluminiums liegt je nach Einsatzmaterial zwischen 200 und 400 Kilogramm [3], und kann aber auch bis zu 700 Kilogramm erreichen [6].
Ehemals ein typisches Deponiegut (besonders überwachungsbedürftiger Abfall) wird die in Deutschland und den meisten Ländern Mitteleuropas anfallende Salzschlacke heute in speziellen Anlagen aufbereitet. Je nach technischem Niveau der Anlagen werden die in der Schlacke enthaltenen Stoffe in unterschiedlichem Maß zurückgewonnen, das Schmelzsalz praktisch vollständig, das metallische Aluminium zu mehr als 80 %. Der Rest besteht zu einem hohen Anteil aus Aluminiumoxid. Zurückgewonnenes Metall und Salz werden in Schmelzwerken wieder zum Erschmelzen von Aluminium eingesetzt.
Für die Aufarbeitung von Salzschlacken aus Deutschland und einigen Nachbarländern betreibt die zur B.U.S Berzelius Umwelt-Service AG, Duisburg, gehörende ALSA Aluminium-Salzschlacke Aufbereitungs GmbH zwei zentrale Anlagen, eine in Lünen und die andere in Hannover. Der Stoffinhalt der Salzschlacken wird dabei komplett verwertet. Als Produkte entstehen:
a) Salzprodukt (RESAL-Schmelzsalz),
b) Aluminium-Metallprodukt,
c) Oxidprodukt (SEROX),
d) Ammoniumsulfat.
Aufgrund der zentralen Aufarbeitung der Salzschlacken der deutschen Aluminium-Schmelzwerke ist für das dabei gewonnene tonerdehaltige Oxidprodukt eine hohe Produktgleichmäßigkeit gewährleistet. Die Produktionsmenge an SEROX, die mittlerweile die Größenordnung fast 150.000 Tonnen pro Jahr erreicht hat, wird wegen des wachsenden Aluminiumverbrauchs und der steigenden Recyclingrate weiter zunehmen. Damit ist eine steigende Verfügbarkeit gesichert.
Bild 1 zeigt das vereinfachte ALSA-Verfahren der Aufarbeitung von Aluminium-Salzschlacke, mit den folgenden wesentlichen Schritten:
- mechanische Zerkleinerung
- Metallabtrennung durch Klassierung
- Auswaschen der Salzkomponenten mit
Wasser
- Prozessgasreinigung und Gewinnung
von Ammoniumsulfat
- Abfiltrieren der wasserunlöslichen
Oxide (SEROX) und
- Auskristallisieren des gelösten
Schmelzsalzes RESAL.
Durch die Naßaufbereitung kommt das mechanisch nicht abgetrennte, feinkörnige Rest-Aluminium mit Wasser in Kontakt und reagiert dabei zu einem erheblichen Teil zu Aluminiumhydroxid und Wasserstoff:
2Al + 6H2O ---> 2Al (OH)3 + 3H2
Als weiteres Gas wird Ammoniak entwickelt, aus der Reaktion von Aluminiumnitrid und Wasser, wobei sich ebenfalls Aluminiumhydroxid bildet:
AlN + 3H2O ---> Al(OH)3 + NH3
Das Aluminiumnitrid stammt daher, daß Aluminium beim Schmelzen an Luft nicht nur mit dem Luft-Sauerstoff reagiert, sondern - zu einem geringeren Anteil - sich auch mit dem Luft-Stickstoff verbindet:
2Al + N2 ---> 2AlN
Bei der intensiven Naßaufbereitung wird das Aluminiumnitrid weitestgehend abreagiert. Der Ammoniak wird in einer Gasreinigung aufgefangen und zu Ammoniumsulfat-Düngemittel umgewandelt. Ein Restanteil an Ammoniak verbleibt allerdings im Prozeßwasser gelöst. Das filterfeuchte Produkt, ursprünglich als "OXITON" bekannt, weist daher einen deutlichen Geruch nach Ammoniak auf.
Bei einer Feuchte von 30 - 35 % hat
das Oxidprodukt eine schlammige Konsistenz, mit einer schlechten Förder-
und Dosierbarkeit. Zur Verbesserung der Produktqualität wird eine
Nachbehandlung durchgeführt, in deren Ergebnis sich die Restfeuchte
auf < 25 % verringert. Dieses verbesserte Produkt, "SEROX" genannt,
hat eine krümelige, rieselfähige Konsistenz, mit nur noch geringem
Geruch nach Ammoniak. Wird SEROX vollständig getrocknet, verflüchtigt
sich der Ammoniak und damit verschwindet auch der Geruch.
3. Eigenschaften von SEROX
Bezogen auf getrocknete Substanz hat
SEROX eine chemische Zusammensetzung (Tabelle 1), die durch die
Legierungsbestandteile des Aluminium-Metalls (im wesentlichen Silizium
und Magnesium) und die darauf zurückzuführenden Oxide bestimmt
wird.
Tabelle 1: Chemische Zusammensetzung
von SEROX [%]
------------------------------------------------------
Al2O3
59 - 63
SiO2
7 - 12
MgO
7 - 10
CaO
2 - 5
Fe2O3
1,5 - 2
F
1 - 2,5
Cl
< 0,3
TiO2
< 0,2
Glühverlust ca. 10
------------------------------------------------------
Das Aluminiumoxid liegt hauptsächlich
als Korund und Spinell vor (Tabelle 2). Dies ist dadurch zu erklären,
daß die Oxidation von Aluminiummetall beim Schmelzen stark exotherm
abläuft. Hierbei entstehen - zumindest punktuell - so hohe Temperaturen,
daß das gebildete Aluminiumoxid in der Hochtemperaturmodifikation
Korund anfällt. Das Magnesium reagiert sogar noch leichter und noch
stärker exotherm mit Sauerstoff als das Aluminium. Daher bildet sich
in den Oxidhäuten zunächst Magnesiumoxid, das sich mit dem Aluminiumoxid
in Spinell MgO.Al2O3 umwandelt [7].
Tabelle 2: Phasenanalyse von SEROX
[%]
---------------------------------------------
Al-Hydroxide 30 - 35
Korund 20 -
25
Mg-Spinell 22 - 27
Silikate 6 - 10
Flußspat 2
- 4
Al-Metall 2 - 3
Si-Metall 1 - 2
Fe-Metall 1 - 1,5
---------------------------------------------
SEROX hat folgende Kornverteilung:
< 0,5 mm
85 - 95 %
< 0,2 mm
65 - 80 %
< 0,1 mm
45 - 60 %
Die Reindichte beträgt
ca. 2,9 g/cm³.
Der Schmelzpunkt (Erhitzungsmikroskop)
liegt bei >1680°C.
Für keramische und feuerfeste
Anwendungen ist das Sinterverhalten von Interesse. Ein Sintertest mit Pulverpreßlingen
(Durchmesser 25 mm, Dicke 10 mm, Preßdruck 50 N/mm²) wurde in
einem elektrisch beheizten Laborkammerofen durchgeführt. Wie aus Tabelle
3 folgt, hat SEROX im Bereich zwischen 600°C und 1200°C eine
thermische Ausdehnung [0,28 % / 100 K], die im Vergleich zu der von reinem
Aluminiumoxid [0,08 % / 100 K] deutlich höher ist. Diese starke Ausdehnung
hängt mit der Volumenvergrößerung zusammen, die sich durch
die Oxidation von metallischem Aluminium zu Aluminiumoxid in diesem Temperaturbereich
ergibt. Ab 1200°C beginnt die Sinterschwindung und die damit verbundene
Zunahme der Rohdichte und Verringerung der offenen Poren.
Tabelle 3: Sinterverhalten von SEROX
----------------------------------------------------------
Temperatur Rohdichte offene scheinbare
+Dehnung
Poren Dichte -Schwindung
[°C] [g/cm³]
[Vol.-%] [g/cm³] [%, linear]
----------------------------------------------------------
110 1,66
- -
-
600 -
- -
+0,3
1100 1,47
55,8 3,32
+1,9
1200 -
- -
+2,0
1300 -
- -
-0,7
1400 2,42
26,7 3,30
-8,7
----------------------------------------------------------
4. Einsatzmöglichkeiten für SEROX
Aufgrund der Gehalte an Aluminiumoxid und metallischem Aluminium konzentrieren sich die Möglichkeiten zur Verwendung von SEROX auf diese beiden Haupteigenschaften. Die Kornfeinheit und der Schmelzpunkt geben weitere Ansatzpunkte.
4.1. Portlandzementklinker
Als erstes Einsatzgebiet für SEROX, bzw. auch schon für OXITON, ergab sich bereits seit Anfang der 1990-er Jahre die Verwendung als Al2O3-Träger bei der Herstellung von Portlandzement. Al2O3 dient hier der Bildung der Mineralphasen C3A und C4AF. Bei der üblichen Zusammensetzung von Portlandzement (Tabelle 4) wird ein zusätzlicher Tonerde-Träger (z.B. Bauxit oder SEROX) benötigt, wenn die vorhandenen Rohstoffe des Zementwerkes eine Aufstockung oder Feinkorrektur des Al2O3-Gehaltes erfordern.
Durch Zusatz von SEROX zum Rohmehl hat sich gezeigt, daß im Vergleich zu Bauxit
Tabelle 4: Chemische Zusammensetzung
von Portlandzement [%]
----------------------------------------------------------------
CaO
ca. 60 – 70
SiO2
ca. 18 – 24
Al2O3
ca. 4 – 8
Fe2O3
ca. 1 – 4
MgO
ca. 0,5 – 4
SO3
ca. 2 – 3,5
----------------------------------------------------------------
4.2. Mineralwolle
Mineralwolle (Steinwolle, Schlackenwolle) wird durch Aufschmelzen von Gesteinen (Basalt), Schlacken (Flugasche) in Kupol- oder Elektroöfen und anschließendes Zerfasern eines Schmelzstrahls mit Blas- oder Schleudereinrichtungen erzeugt. Bei der chemischen Zusammensetzung der Mineralwolle (Tabelle 5) wird durch Erhöhung des Al2O3-Gehalts eine bessere biologische Löslichkeit der Faser erreicht und damit das Risiko einer möglicherweise krebserzeugenden Wirkung verringert. Zur Erhöhung des Gehalts an Aluminiumoxid ist die Zugabe eines Tonerdeträgers erforderlich. Bei Einsatz von SEROX anstelle von kalziniertem Bauxit ergibt sich vorteilhafterweise
Tabelle 5: Chemische Zusammensetzung
tonerdehaltiger Mineralfasern [%] [8]
--------------------------------------------------------
SiO2
38 - 46
CaO
15 - 38
Al2O3 10 -
32
MgO
2 - 10
TiO2
0,5 - 3
FeO
0,3 - 7
Na2O
0,3 - 3
K2O
0,3 - 1,3
---------------------------------------------------------
4.3. Calciumaluminat
Aufgrund des hohen Al2O3-Gehalts von SEROX ist die Herstellung von Calciumaluminaten möglich, welche
Bei der Herstellung von Tonerdezementklinker sollte der SiO2-Gehalt der Rohstoffe möglichst <5 % betragen, da entsprechend dem Anteil an SiO2 nicht hydraulisch abbindendes Calciumaluminiumsilikat (C2AS, Gehlenit) gebildet wird. Bei ausschließlicher Verwendung von SEROX als Tonerdeträger anstelle von Bauxit würde der SiO2-Gehalt des Aluminatzementklinkers knapp den tolerierbaren Wert überschreiten. Die Nutzung von SEROX zur Herstellung von Tonerdezementklinker ist daher bisher mit einem Handikap behaftet. An der Reduzierung des SiO2-Gehalts von SEROX wird jedoch gearbeitet.
Untersuchungen im Labormaßstab zeigten, daß sich aus einem Rohmehl auf Basis von SEROX und Kalkstein ein Tonerdezementklinker mit 50 % Al2O3-Gehalt und den Hauptmineralphasen
CA max.
29 %
CA2 max.
6 %
C12A7 max.
32 %
C2AS min.
32 %
MA min.
26 %
durch Sintern bereits ab oberhalb 1100°C herstellen läßt. Die Produktion einer ausreichenden Klinkermenge zur Durchführung beton- und mörteltechnischer Prüfungen an daraus ermahlenem Tonerdezement muß noch folgen.
Calciumaluminat als Schlacke für die Stahlindustrie kann - wie Tonerdezementklinker - durch Sintern oder Schmelzen von Mischungen aus Kalk und Al2O3-Trägern (z.B. Bauxit oder Tonerde) hergestellt werden. Bisher erfolgt diese Reaktion vorwiegend direkt in der Stahlpfanne aus den grob vorgemischten Rohstoffen auf der Oberfläche des Stahlbades. Bei Calciumaluminat als Entschwefelungsmittel und synthetischem Schlackenbildner für Stahl spielen die Abbindeeigenschaften als Zement keine Rolle, sondern im wesentlichen nur die Gehalte an CaO und Al2O3, sowie der Schmelzpunkt.
Vorgesinterte bzw. vorgeschmolzene Calciumaluminat-Schlacken wirken als Entschwefelungsmittel effektiver und schmelzen schneller auf. Damit können Durchlaufzeiten verkürzt und bessere Stahlqualitäten erzeugt werden. Die bei Tonerdezementklinker zum Teil störenden Bestandteile (wie SiO2 und MgO) wirken sich hier nicht negativ aus. Im Gegenteil, sie bewirken ein günstiges Einschmelzverhalten durch Senkung des Schmelzpunktes im Vielstoffsystem.
Es wurden Klinker folgender Zusammensetzung aus SEROX/Kalk-Mischungen produziert und erfolgreich als Entschwefelungsmittel und Schlackenbildner für Stahl getestet:
C12A7 max. 51 %
CA max.
10 %
C2AS max.
35 %
MA min.
10 %
Die Einsetzbarkeit von gesintertem
Calciumaluminatklinker auf Basis von SEROX in der Stahlindustrie wird derzeit
in großtechnischem Maßstab geprüft. Die ersten Ergebnisse
in Bezug auf das metallurgische Verhalten sind sehr positiv.
4.4. Feuerfeste Erzeugnisse
Aufgrund seines hohen Gehaltes an Aluminiumoxid und seines hohen Schmelzpunktes bietet sich SEROX als Rohstoff für feuerfeste Steine und Massen an. Versuche, die bereits mit OXITON durchgeführt wurden, haben ergeben, daß SEROX in feuerfesten Mörtel- und Betonmischungen als feinkörniger mineralischer Füller bis zu 25 % des Tonerdezements ersetzen kann, ohne daß ein Festigkeitsverlust eintritt [9].
Die spezielle Eignung für feuerfeste Erzeugnisse zur Auskleidung von Aluminium-schmelzöfen und Elektrolysezellen (in Folge einer großen Beständigkeit gegenüber schmelzflüssigem Aluminium und auch gegen Kryolithschmelze) wurde ebenfalls bereits bei OXITON festgestellt [10]. Da die oxidischen Bestandteile von Aluminiumsalzschlacke im Kontakt mit Aluminiumschmelze entstehen, sind sie von daher auch beständig gegen diese. In Bezug auf die gewünschte schlechte Benetzbarkeit durch Aluminiumschmelze stellt der Restgehalt an der Schmelzsalzkomponente Calciumfluorid sogar einen besonderen Vorteil dar.
Zu berücksichtigen ist ferner, daß eine gebrauchte Feuerfestauskleidung auf Basis von SEROX direkt wieder in die ALSA-Anlage recycelt werden könnte, einschließlich anhaftendem oder infiltriertem Metall und Schmelzsalz.
Für feuerfeste Anwendungen ist es wichtig, daß die Produkte bei der Einsatztemperatur physikalisch und chemisch möglichst stabil sind. Sie sollten daher thermisch vorbehandelt sein. Wie Kalzinierversuche an SEROX gezeigt haben, wird bereits bei Temperaturen bis zu etwa 600°C der größte Anteil an Kristallwasser abgegeben, der bei der thermischen Zersetzung der Aluminiumhydroxid-Anteile entsteht, und ein Restglühverlust von ca. 2 % erreicht. Mindestens 1200°C werden allerdings benötigt, um eine vollständige Kalzination durchzuführen, bei der auch die restlichen flüchtigen Bestandteile freigesetzt, der Anteil an metallischem Aluminium oxidiert und die Übergangsmodifikationen von Aluminiumoxid in die Hochtemperatur-Modifikation Korund umgewandelt sind. Ab 900°C und Gegenwart von Wasserdampf beginnt die hydrolytische Zersetzung von CaF2, dessen Schmelzpunkt bei 1360°C liegt.
Aluminiumschmelzöfen werden in
der Regel bei etwa 800°C betrieben. Die Schmelz-temperatur von Aluminium
beträgt etwa 650°C. Für SEROX als Rohstoff zur Herstellung
feuerfester Materialien für Aluminiumschmelzofen könnte daher
eine Teilkalzination bis 900°C ausreichen. Erste Versuche zur Kalzination
von SEROX im Technikumsmaßstab bis 1.400°C wurden inzwischen
durchgeführt. Die Kalzinationsprodukte befinden sich in der Erprobung.
4.5. Gasbeton und Mineralschaum
Bei Gasbeton wird ein wässriger Brei aus Sand, Kalk und Zement mittels Zusatz von Aluminium-Pulver als Treibmittel porosiert. Das Aluminium reagiert dabei mit Wasser zu Aluminiumhydroxid und Wasserstoff-Gas, wodurch der Brei auftreibt. Auf Grund des Gehaltes an feinverteiltem Aluminiummetall wurde die SEROX-Vorstufe OXITON für die Eignung zur Herstellung von Gasbeton geprüft. Die Versuche mit diesem feuchten Oxidprodukt als Teilersatz der Sandkomponente ergaben:
Bei Verwendung von im Bereich von 500
bis 1000°C teilkalziniertem "SEROX-TK" wurde nun festgestellt, daß
ein Brei mit alkalischem Wasserglas als Bindemittel innerhalb weniger Minuten
aufschäumt und zu einem festen Mineralschaum erhärtet. Die Volumenvergrößerung
erreicht bis zu 500 %. Die Mischung kann dabei auch mit Zement kombiniert
werden. Mit nur getrocknetem SEROX-T ist der Effekt geringer. (Tabelle
6).
Tabelle 6: Mineralschaum auf Basis
von
SEROX, Wasserglas und Zement
Mischung
1 2
3 4
-------------------------------------------------------------------
SEROX TK
[Gew.-%] 50 45
30 -
SEROX T
[Gew.-%] -
- -
30
Wasserglas, alkalisch [Gew.-%]
50 40 40
40
Portlandzement, CEM II [Gew.-%]
- 15
30 30
-------------------------------------------------------------------
Volumenzunahme
[Vol.-%] 350 490
350 140
Reaktionstemperatur [°C
76 68 40
24
Reaktionszeit
[min] 10
8 10
20
Rohdichte
[g/cm³] 0,63 0,43
0,60 1,51
-------------------------------------------------------------------
Offenbar kann durch eine thermische
Behandlung von SEROX dessen Aluminium-Restgehalt aktiviert werden. Vermutlich
werden unter den Bedingungen der Teilkalzination die gelförmigen,
dichten Hüllen aus Aluminiumhydroxid, die bei der Naßaufbereitung
der Salzschlacke um die Aluminiumteilchen durch die Reaktion mit Wasser
entstehen, in poröse, teilamorphe Übergangsaluminiumoxid-Strukturen
umgewandelt, wie sie von der Kalzination von reinem Aluminiumhydroxid zum
Aluminiumoxid bekannt sind. Dieses Übergangsoxid ist bei der hohen
Alkalität des Wasserglases löslich. Damit wird das metallische
Rest-Aluminium freigelegt und kann dann wieder mit Wasser reagieren und
Wasserstoff-Gas zu bilden, das den Rohstoff-Brei zum Schäumen bringt.
Das gelöste Übergangsaluminiumoxid bewirkt wahrscheinlich die
Erhärtung des Wasserglases durch Polymerisation.
5. Schlußbemerkung
Bereits heute kann festgestellt werden, daß sich SEROX aufgrund seines bewährten Einsatzes in der Herstellung von Portlandzement und Mineralwolle von einem Reststoff zu einem etablierten Rohstoff gewandelt hat.
Die hier gegebenen Beispiele sollen
Anregungen geben, sich mit diesem preisgünstigen Rohstoff, mit gesicherter
Verfügbarkeit, näher zu befassen. Die Möglichkeiten seiner
Einsatzbarkeit sind sicher noch vielfältig.
6. Literatur
[1] VAW aluminium
AG, Bonn: Umweltbericht 2000. [2000] 12.
[2] GDA Gesamtverband
der Deutschen Aluminiumindustrie e.V., Düsseldorf: Aluminium, ein
nachhaltiger Werkstoff. [2000], 11.
[3]
VAR Verband der Aluminiumrecycling-Industrie e.V. Düsseldorf: Sekundär-Aluminium,
Qualität und Recycling. [1997], 18 und 20.
[4 ] Aluminiumschrott
ist Energiespeicher. VDI nachrichten, Nr. 3, 19. Januar 1996, 17.
[5] I. Alfaro:
Technische und wirtschaftliche Gesichtspunkte bei der Entstehung und Verarbeitung
von Aluminiumkrätze. Aluminium 62 [1986] 4, 259 - 267.
[6] M. Beckmann:
Aufarbeitung von Aluminiumsalzschlacken in Nordrhein-Westfalen. Aluminium
67 [1991] 6, 586 - 593.
[7] R. Rault,
M. Allibert: In situ observation of aluminium-magnesium melts oxidation.
Aluminium 72 [1996] 12, 900 - 905.
[8] T. Knudsen,
M. Guldberg, V.R. Christensen, S.L. Jensen: New type of stonewool (HT fibres)
with a high dissolution rate at pH =5. Glastech. Ber. Glass Sci.
Technol. 69 (1996) No. 10, 331-337.
[9] R. Feige,
G. Merker: High-Alumina Secondary Raw Materials from Aluminium Melting.
Tile & Brick Int. Vol. 14, No. 3 [1998] 171-174.
[10] R. Feige,
G. Merker: Use of Recovered Alumina from Aluminium Slags in Refractories
for Aluminium. stahl und eisen, Special [1998], 58-60.
Bild 1: ALSA-Verfahren zur Aufarbeitung von Aluminium-Salzschlacke